Papier vorgelegt von Teresio Poggio für den nationalen Kongreß der Vereinigung der Mieter [Unione Inquilini], Chianciano Terme, 7.-9. April 2000. Für weitere Informationen: teresio.poggio@tin.it
Bei der Volksbefragung 1991 waren knapp 70% der belegten Wohnungen Eigentumswohnungen; ca. ein fünftel Mietwohnungen im privaten Sektor und 5% Sozialwohnungen. Die restlichen 7% setzten sich aus Wohnungen zusammen, die kostenlos bzw. in Nutznießung zur Verfügung gestellt wurden.
10 Jahre danach wurde aus mehreren Quellen eine weitere Ausdehnung des Anteils an Eigentumswohnung gemeldet1. Trotzdem sind die Angaben der folgenden Tabelle 1 aus dem Jahr 1991 weiterhin repräsentativ für die allgemeine italienische Wohnsituation.
Besetze Wohnungen nach Wohnverhältnissen (Volksbefragung 1991)
individueller Wohnbesitz | 67% |
Genossenschaftswohnung in individuellem Besitz | 1% |
Summe Besitz | 68% |
Mietverhältnis (Sozialwohnungen) | 5% |
privates Mietverhältnis (in Besitz von Firmen) | 2% |
privates Mietverhältnis (in Besitz von Familien) | 18% |
Summe Miete | 25% |
Anderes Wohnverhältnis | 7% |
Quelle: eigene Rechnung auf der Basis von ISTAT- Daten, XIII allgemeine Volkszählung der Bevölkerung und der Wohnstätten, 1991.
Im Bereich der Eigentumswohnungen ist der Anteil der Genossenschaften unwesentlich.(2) Auch der Anteil des sozialen Bereichs unter den Mietwohnungen ist gering, und befindet sich darüber hinaus auf dem Wege der Privatisierung. Wenn man bedenkt, daß der europäische Durchschnitt im sozialen Wohnungsbau ca. 20% beträgt und daß gegenwärtig in Italien keine anderen Instrumente sozialer Wohnpolitik3 existieren - wie z.B. Mietregulierung im privaten Sektor, öffentliche Zuschüsse für die Mieten - wird der Grad des Desinteresses der Regierung an der Wohnpolitik deutlich.
Fast die gesamten Wohnungen, die kostenlos bzw. in Nutznießung zur Verfügung gestellt werden, werden informell vermietet, oft über Familienbeziehungen4. Daher wird klar, daß das Engagement der Familien, Wohnraum anzubieten im Wesentlichen auf dem Niveau des öffentlichen Engagement, wenn nicht höher, liegt.
Unternehmen spielen eine sehr geringe Rolle als Anbieter von Wohnungen im privaten Sektor, und konzentrieren sich meistens in den Großstädten. In anderen Ländern, wie z.B. in der Schweiz und in den Niederlanden, haben große Investoren im Immobilienmarkt (Versicherungsgesellschaften, Rentenfonds, Immobilienunternehmer) ein stärkeres Gewicht: sie bieten Wohnungen zu günstigeren Preisen als kleine Vermieter5 an und unterliegen potentiell einer höheren sozialen Kontrolle. Wenn man dagegen wie in Italien von einem fragmentierten Angebot ausgeht, bei dem die Wohnungen Einzelpersonen gehören, die darin oft einen erheblichen Teil ihrer Ersparnisse investiert haben (vielleicht die Abfindung am Ende ihres Arbeitslebens), stehen die kurzfristige Maximierung der Gewinne und die Minimierung der Wartungskosten im Vordergrund.
(6) Es kann davon ausgegangen werden, daß ca. 14% der italienischen Familien unter der Armutsgrenze, wie sie gemeinhin in den internationalen Studien über das Phänomen definiert wird, lebt. Dies ist ein wichtiges Problem, welches aber weniger im Zusammenhang mit der Wohnsituation als allgemein mit der Frage des zur Verfügung stehenden Einkommens steht. Man kann prinzipiell danach fragen, inwieweit die mit der Wohnstätte verbundenen Ausgaben (Miete bzw. Rückzahlung der Darlehen für den Wohnungskauf) eine direkte Ursache der Verarmung der Familien sind. Für Italien läßt sich feststellen, daß - nach einer vorsichtigen Schätzung - ca. ein fünftel der armen Familien Wohnkosten hat, die unverhältnismäßig hoch in Bezug auf ihr Einkommen sind. Dadurch werden diese Familien noch ärmer. Darüber hinaus haben ca. 1% der italienischen Familien prinzipiell keine größeren Einkommensprobleme, verarmen aber durch die hohen Wohnkosten. Insgesamt müssen ca. 5% der Familien nicht erträgliche Ausgaben für ihre Wohnungen aufbringen. Die meisten dieser Familien leben in Mietwohnungen.
Es gibt auch viele Familien, die unter der Armutsgrenze leben und eine, wenn auch bescheidene, Wohnung besitzen; dabei handelt es sich meistens um ältere Menschen. Da die Wohnung ihr ganzes Vermögen darstellt sind sie in Folge ihres niedrigen Einkommens nicht in der Lage, Instandhaltungskosten auch nur mittlerer Höhe auf sich zu nehmen. Daher sollte man die Frage stellen, ob es angebracht ist, Familien mit niedrigem Einkommen den Besitz der eigenen Wohnung als geeignete Lösung ihres Wohnproblems anzupreisen.
Hier wurde das Problem der Obdachlosen und der Menschen in absoluter Armut(7) nicht besprochen. Es handelt sich aber bekanntlich um ein stark wachsendes Phänomen.
Das vielleicht schwierigste Problem im italienischen Mietwohnungssystem ist die Sicherheit und die Stabilität des Mietvertrags, d.h. das Problem der Mietkündigung aufgrund eines abgelaufenen Mietvertrages.
Die Möglichkeit, den Mieter ohne anderen Grund als den Ablauf des Mietvertrages zu kündigen war das "trojanische Pferd", mit dem das Mietregulierungssystem des "Gesetzes für eine gerechte Miete" (equo canone) zerstört wurde.8 In den zehn Jahren zwischen 1986 und 1995 wurde 13% der Familien, die im privaten Sektor zur Miete wohnten, aufgrund eines abgelaufenen Mietvertrags gekündigt9; in den Großstädten ist das Phänomen noch verbreiteter. Im Lazium steigt die Anzahl auf 24%. Dazu kommen die schwer zu quantifizierenden Fälle von Familien, welche die Mietwohnung lediglich infolge der Aufforderung der Vermieter verlassen haben, ohne auf ein Gerichtsverfahren zu warten.
Nicht alle Wohnungskündigungen wurden tatsächlich durchgeführt, d.h. der Vollzug des Rausschmiß aus der Wohnung wurde mehrmals aufgeschoben. Dies ändert aber wenig am Drama des Problems: es ist kein schönes Leben, ein Verfahren der Mietkündigung am Hals zu haben, in einem geschlossenen Mietwohnungsmarkt (zumindest was bezahlbare Wohnungen angeht), und hilflos den Entscheidungen der jeweiligen Regierungen bzw. der Präfekturkommission, die für den Vollzug der Mietkündigung zuständig ist, gegenüber zu stehen.
Das Problem der Mietkündigungen, und die Aufschübe ihres Vollzugs, bewirken außerdem zwei Teufelskreise im italienischen Mietsektor: a) eine weitere Schließung des privaten Marktes, indem viele Wohnungsbesitzer es bevorzugen, die Wohnungen leer zu lassen aufgrund der Unsicherheit beim Kündigungsverfahren; b) die Verzerrung der Kriterien in der Vergabe von Sozialwohnungen, die in einem wesentlichen Teil zur Linderung des Mietkündigungsnotstands vergeben werden.In den meisten europäischen Ländern ist es nicht möglich, nach Ablauf des Vertrages den Mieter zu kündigen. Die Dauer des Vertrags dient lediglich der regelmäßigen Aushandlung der Miete, die aufgrund von vernünftigen Angeboten geschieht, da keine der Vertragsparteien die andere erpressen kann. Abgesehen von den Vertragsfristen sind aber Vertrags- und Mietkündigung aufgrund von persönlichem Bedarf des Wohnbesitzers und seiner Familienangehörigen, bzw. für Renovierungen möglich. In diesem Fall kann der Vermieter in vorhersehbarer Zeit wieder in Besitz seiner Wohnung kommen.
Dieses System scheint zur Zufriedenheit aller Beteiligten zu funktionieren.
In Italien werden nur in geringem Maß Darlehen und Kredite für den Wohnungskauf in Anspruch genommen. Bis ungefähr in die 80er Jahre wurde der Kredit für den Wohnungskauf "rationiert" um volkswirtschaftliche Ziele zu erreichen: weniger Kredit an die Familien zwingt sie zu einer höheren Sparquote. Auch nachdem diese Bindungen abgeschafft wurden, stellen die Kreditinstitute Darlehen für den Wohnungskauf nur in geringem Maß und mit nicht gerade günstigen Konditionen zur Verfügung.
Mitte der 90er Jahre verfügten die italienischen Familien über die schlechtesten Finanzierungskonditionen für die eigene Wohnstätte in ganz Europa was (a) die typische Dauer der Finanzierung, (b) die finanzierte Quote auf dem Gesamtwert der Immobilie und (c) das reale Zinsniveau des Darlehen anging10.
Es ist jedoch anzumerken, daß ab Mitte der 90er Jahre, mit der fortschreitenden Aufnahme der EU-Normen über das Kreditwesen, eine Neugestaltung des Finanzierungssystems für Eigentumswohnungen erfolgt ist. In der Folge gab es eine Verbesserung der Konditionen der Darlehen und eine erhöhte Nutzung dieser Finanzierungsmöglichkeit. Es ist jedoch noch nicht möglich zu beurteilen, inwieweit dies zu einer Unterstützung der Familien wurde oder ob die neue Situation lediglich den Wohnungsmarkt (und die überhöhten Preise der Wohnungen) unterstützt.Auf jeden Fall schließen die Garantien, die dabei verlangt werden (ein sicheres Einkommen sowie ein Hypothek über die Immobilie), viele Familien von diesem Finanzierungskanal aus.
Nach zahlreichen Studien ist im italienischen System des Zugangs zur Eigentumswohnung die Unterstützung der Familie wichtiger als die Finanzierung durch Kredit: man wird Eigentümer, weil die Wohnung bzw. das zu bebauende Grundstück geschenkt oder vererbt wird, oder weil Eltern und Verwandte den Jüngeren Geld schenken bzw. zinslos leihen. Wenn, wie im Falle der Arbeiterfamilien, diese Möglichkeit nicht da ist, mobilisiert man sich, in dem man Arbeit kostenlos zur Verfügung stellt: am Wochenende werden Elektro- und Sanitäranlagen gebaut, werden Böden verlegt, wird gestrichen...
Es ist offensichtlich, daß dieser Zugang zur Eigentumswohnung (in einem Land, wo dies eine sichere Wohnstätte heißt) im Wesentlichen von den Ressourcen der Ursprungsfamilie abhängt und Ungleichheiten in der Verteilung von Wohnressourcen reproduziert: wer hat, dem geht es gut, wer nichts hat, der steht im Regen. Es ist dabei auch anzumerken, daß dieses System auch die Familien der Mittelschicht belastet, die bislang davon profitiert haben: von Generation zu Generation drohen die Familienersparnisse zu schwinden.
Betrachtet man diese Fakten, erscheint die Betonung der öffentlichen Unterstützung des Wohneigentums in der politischen und gesellschaftlichen Debatte übertrieben: die italienischen Regierungen der Nachkriegszeit haben wenig gemacht nicht nur im Bereich der Mietwohnungen, sondern auch was das private Wohneigentum angeht. Genau so wie bei anderen wichtigen sozialen Fragen wurden die Kosten des Wohnproblems auf die Familien abgewälzt.
Was die Beschränkung der Wohnungspreise angeht, wurde nie eine Politik der Preiskontrolle gegenüber Bauflächen in den Städten und daher Wohnungen durchgesetzt. Dies gilt auch weitgehend in den Fällen, in denen Baufirmen öffentliche Subventionen kassierten.Die mangelnde Stadtplanung und die darauf folgende, weitgehende Tolerierung des illegalen Wohnungsbaus haben in der Vergangenheit den Zugang zum billigen Wohneigentum erleichtert. Dies ist freilich oft auf Kosten der Wohnqualität geschehen und hatte zur Folge, daß Wohnsiedlungen mit niedriger Lebensqualität und hoher Umweltbelastung entstanden sind. Heute ist es in jedem Fall nicht mehr möglich, über diesen finanziell billigen Weg zum Eigentum zu kommen.
Die öffentlichen Vergünstigungen haben sich auf den - wenig benutzten - Kredit für den Wohnungskauf beschränkt, bzw. haben sich auf kleine Gruppen der Bevölkerung gerichtet (Mieter von Sozialwohnungen, die ihre Wohnungen kaufen konnten).Das italienische Steuersystem sieht eine geringe Belastung der Wohnungen vor. Der Umfang der Unterstützung für diejenigen, die eine Wohnung kaufen, ist aber ziemlich gering. Allerdings ist die Besteuerung der Übertragung von Wohneigentum im familiären Bereich sehr gering. Im allgemeinen begünstigt das Steuersystem diejenigen, die bereits mehr besitzen, und gewährt weniger Unterstützung denjenigen, die mehr darauf angewiesen sind: während die wenigen armen Mieter, die imstande sind, unter dem neuen Abkommensystem einen Mietvertrag zu schließen, 360.000 Lire im Jahr von den Steuern absetzen können, muß derjenige, der eine Wohnung im Wert von bis 250 Millionen Lire (500 Millionen ab 2001) erbt, gar keine Steuern bezahlen - und dies ohne Rücksicht darauf, ob es sich um die erste Wohnung handelt, oder ob sie teuer vermietet wird!
Wir diskutieren normalerweise über die Wohnproblematik indem wir von den existierenden Familien ausgehen: die, die eine Mietkündigung erleben, die, die es nicht schaffen, ihre Miete zu bezahlen, usw. In den letzten Jahren hat sich aber die Aufmerksamkeit auf die Entstehung neuer Familien gerichtet: Italien ist eins der europäischen Länder, in denen junge Leute am spätesten aus der Familie ausziehen, junge Paare spät ihr erstes Kind bekommen, sowie eins der Länder in der Welt mit der niedrigsten Geburtenquote.
Insgesamt spielt diese Frage eine zentrale Rolle in der Auseinandersetzung mit dem italienischen Wohlfahrtssystem, und muß daher beantwortet werden, indem mehrere Phänomene und unterschiedliche Bereiche der Sozialpolitik in Betracht gezogen werden. Einerseits sieht das herrschende kulturelle Modell vor, daß junge Leute in dem Moment aus dem Elternhaus ausziehen, in dem sie eine neue Familie gründen, bzw. aufgrund des Studiums oder des Berufs; und daß die Pflege der Menschen (Kochen, Haushalt, Pflege im Krankheitsfall...) in der Familie geleistet wird. Es gibt aber auch eine Reihe von "strukturellen" Gründen.
Es gibt ein Einkommensproblem in einem Land mit einer extrem hohen Jugendarbeitslosigkeit, wo der Einstieg in den Arbeitsmarkt von prekären Arbeitsverhältnissen und niedrigem Einkommen charakterisiert ist ("Schwarzarbeit", zeitlich befristete Arbeitsverhältnisse, Werkverträge, usw.). Es gibt ein Problem von geringen sozialen Leistungen für Jugendliche: die Unterstützung der Arbeitslosen ist sehr begrenzt und es gibt keine Unterstützung für diejenigen, die eine erste Stelle suchen (natürlich auch nicht für diejenigen, die seit Jahren "schwarz" arbeiten). Außerdem differieren viele Leistungen - z.B. im Gesundheitsbereich - eher nach dem Alter als nach dem Einkommen. Trotz der herrschenden Familienrhetorik, sind die konkreten Leistungen zur Unterstützung von Kindern wenig umfangreich. Es gibt ein geringes Angebot an sozialen Diensten sowohl seitens der öffentlichen Stellen (Kindergärten, Pflege älterer Menschen, usw.) als auch auf dem freien Markt (hier ist die Lücke im Bereich der Mensen, fahrbaren Mittagstische und Textilreinigungen).
Darüber hinaus gibt es ein Wohnungsangebot, das für die Jugend praktisch blockiert ist: im Bereich der Sozialwohnungen ist die Möglichkeit, daß jemand der aus der Familie auszieht (sei es, um eine Familie zu gründen, sei es, um alleine zu leben), einen Antrag auf eine Sozialwohnung stellt, nicht einmal vorgesehen. Im Bereich der privaten Mietwohnungen, sowie beim Wohnungskauf, steht man vor sehr hohen Preisen.(11)
Abgesehen von den kulturell bedingten Gründen, können diese strukturellen Gründe nicht unterschätzt werden; daher klingen die Appelle von Prodi und später von D'Alema, daß die Italiener mehr Kinder kriegen sollen, ziemlich hohl. Es ist logisch, daß junge Menschen mit geringem, unsicherem Einkommen und ohne soziale Absicherung, bei den Eltern bleiben bevor sie exorbitante Kosten für Miete oder Wohnungskauf auf sich nehmen, bzw. daß sie die Entscheidung, Kinder zu kriegen, auf einen späteren Zeitpunkt verlegen, wenn sie geheiratet haben.
Einige Forscher haben unterstrichen (12), daß dieser Druck auf die jungen Familien - und auf junge Menschen allgemein - charakteristisch ist für die Wohnsysteme, in denen das Modell der Eigentumswohnung herrschend ist, ohne daß es finanziell erträgliche Alternativen im Bereich der Mietwohnungen gibt. In diesen Systemen - unter anderem in Italien - ist es günstiger, in eine Wohnung zu investieren, statt eine zu mieten. Daher versucht man, so lange wie möglich in der Herkunftsfamilie zu bleiben, und zu sparen. Die Eltern stellen wiederum ihre Ersparnisse zur Verfügung. Wenn einmal die Wohnung gekauft wurde, schnallt man den Gürtel enger, um die Darlehen an die Banken bzw. das geborgte Geld an Freunde und Verwandte zurückzubezahlen.
Anmerkungen
1 Je nach Quelle besitzen 70% bis 80% der italienischen Familien ihre Wohnung.
2 Der Großteil der Wohnungen in diesem Sektor sind in Individualbesitz.
3 Die Möglichkeit, daß Mieter- und Vermieterorganisationen Abkommen über Miethöhen schließen, die im "Gesetz Zagatti" vorgesehen ist, kann als ein Regulierungsinstrument der Mieten betrachtet werden, und die Steuervorteile, die Vermieter in diesem Mechanismus bekommen, können als ein indirekter Zuschuß für die Mieter angesehen werden. Dasselbe gilt für die teilweise steuerliche Absetzbarkeit der Mietkosten, sowie für den Solidaritätsfond, die das neue Gesetz vorsieht. In dieser Hinsicht muß man freilich folgendes bedenken: a) die Abkommen zwischen Mieter- und Vermieterorganisationen sind nur für einen Bruchteil der Familien relevant und regulieren außerdem die Mietpreise auf einem Niveau, das sich nur unwesentlich von dem Marktpreis unterscheidet; b) es ist zu früh, um die konkreten Vorteile für die Mieter zu bewerten, obwohl sie sich bis dato in sehr engen Grenzen halten; c) die teilweise steuerliche Absetzbarkeit der Mietkosten (max. 360.000 Lire, d.h. ca. 360 DM jährlich) stellt einen lächerlichen Zuschuß dar, im Vergleich zur Höhe der Mietkosten; d) der Solidaritätsfond funktioniert noch nicht und es gibt schon den Präzedenzfall eines ähnlichen Fonds (vom alten Mietgesetz vorgesehen), der nie funktionierte. Es sei zuletzt noch erwähnt, daß einige lokale Verwaltungen im Rahmen ihrer Sozialpolitik Wohnzuschüsse eingeführt haben; es handelt sich dabei aber um Notmaßnahmen bzw. um speziell auf besondere Zielgruppen orientierte Maßnahmen, oder um Zuschüsse zur Erhöhung von Einkommen.
4 In anderen Ländern handelt es sich öfter um Wohnungen, die der Arbeitgeber zur Verfügung stellt.
5 Zumindest wenn man das Preis/Leistung Verhältnis betrachtet. Dies geschieht weil diese Unternehmen eine langfristige Investitionsperspektive haben, über ein professionelles Management verfügen und durch ihre Größe erhebliche Ersparnisse erzielen.
6 Die hier vorgestellten Schätzungen stammen aus einer noch nicht abgeschlossenen Analyse von Daten der Banca d'Italia [1995]; die Verantwortung der durchgeführten Ausarbeitung liegt einzig beim Autor und nicht bei der Banca d'Italia. Der Ansatz und die Methodologie sind komplex und werden daher in diesem Text nicht dargestellt. Ein methodologischer Anhang kann beim Autor angefordert werden.
7 S. IRS [1994].
8 Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß andere Regulierungssysteme, wie z.B. die vom "Gesetz Zagatti" vorgesehenen Abkommen, gelingen werden.
9 Kalkulation aufgrund von ISTAT-Daten, Statistiken der Gerichte und XIII Volksbefragung. Als Basis der Kalkulation diente die Anzahl der Familien, die in Mietwohnungen wohnen, nach der Zahl der vermieteten Wohnungen im privaten Sektor laut Volksbefragung von 1991; als Mietkündigung werden hier die Mietkündigungsverfahren definiert, die von den örtlichen Gerichten (preture) angenommenen wurden.
10 Kalkulation aufgrund von Daten der European Mortgage Federation [1998]. Der Vergleich bezieht sich auf die Länder Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Norwegen, Niederlande, Großbritannien, Spanien, Schweden.
11 Was die Mietwohnungen angeht fallen bekanntlich die meisten Kosten beim Zeitpunkt des Einzugs an - in dem Moment, in dem der Vermieter den größten Vorteil bei der Verhandlung hat.
12 S. Castles und Ferrera [1996]. In einer anderen Perspektive wurde das Thema bereits von Tosi behandelt [1987].
Literatur
Banca d'Italia
1995 (Servizio studi) Indagine sui bilanci delle famiglie italiane nel 1995 [computer file]. Roma, Banca d'Italia.
1997 I bilanci delle famiglie italiane nell'anno 1995, Supplementi al Bollettino Statistico, n.s. n. 14, VII (20 März 1997)
Castles, F.G. / Ferrera, M.
1996 Casa e welfare state. Le contraddizioni dei paesi sud-europei, Stato e mercato, n. 48 S. 409-431.
Commissione di Indagine sulla povertá e sull'emarginazione (Hg. von R. Ricci)
1997 Povertà abitativa in Italia 1989-1993, Collana della Commissione sulla Povertà e l'emarginazione sociale in Italia, Roma, Istituto Poligrafico e Zecca dello Stato.
Commissione per l'Analisi delle Compatibilità Macroeconomiche della Spesa Sociale
1997b Relazione finale
EMF (European Mortgage Federation)
1998 Hypostat 1987-1997, Bruxelles, European Mortgage Federation.
IRS (Hg. von A. Tosi)
1994 La casa: il rischio e l'esclusione. Rapporto IRS su disagio abitativo in Italia, Milano, Angeli - Caritas Italiana.
Tosi, A.
1987 Ls produzione sociale della casa in proprietà: pratiche familiari, informali, politiche, sociologia e ricerca sociale, n. 22, S. 7-24.
UN-ECE (United Nations - Economic Commission for Europe)
1990 Rent policy in ECE countries: synthesis report on a seminar held in Amsterdam (Netherlands), 27-31 October 1986, New York, United Nations.
Villosio, C.
1995 Mercato del credito, proprietà della casa, risparmio delle famiglie, Annali della fondazione Luigi Einaudi - Torino, vol. 29, S. 213-248.
Übsersetzung: Giovanni Scotto, mit freundlicher Unterstützung des Beliner Mietervereins
Knut Unger 2000