Istanbul+5 Bericht 

Vorläufige deutsche Arbeitsfassung

5. Perspektiven


5. Perspektiven

Diese Übersicht soll verdeutlichen, dass der Habitat-Prozess in Deutschland an einem Wendepunkt angelangt ist.

Wir sehen derzeit vier große Herausforderungen:

1. Die Krise traditioneller formeller Instrumente und die Mangelwirtschaft, insbesondere im Bereich des sozialen Wohnungsbaus und der lokalen Handlungsspielräume;

2. wachsende soziale Segregation, Armut und gesellschaftlicher Ausschluss;

3. die Unfähigkeit von Institutionen und Unternehmen, Strategien der Nachhaltigkeit zur Reduzierung des Verbrauchs natürlicher Ressourcen anzuwenden,

4. das politische Klima und politische Tendenzen sich einer für MigrantInnen offenen Gesellschaft mit gleichen Rechten und Möglichkeiten für alle zu widersetzen. Wie will Deutschland, als einflussreiches, mehr und mehr in den europäischen Kontext eingebundenes Land, diesen Herausforderungen begegnen.

Wir können zu diesen Themen keine Lösungen präsentieren, sind aber der Meinung, dass die wichtigste Aufgabe die Entwicklung eines starken Rahmenwerks, regelmäßige Debatten und eine (wissenschaftlichen) Auswertung die die Arbeit von NGO und Basisorganisationen einbeziehend, sind. Deshalb rufen wir zu einem Monitoring-Prozess auf, der zu einer breiten und permanenten Diskussion über die Zukunft des Wohnungsbaus und der Siedlungen einschließlich Strategien, Instrumenten, Regelungen und Institutionen führt.

Es gibt zahlreiche gemeinnützige Organisationen und lokale Initiativen, die sich mit wohnungspolitischen, sozialen und ökologischen Fragen beschäftigen. Diese Erfahrungen müssen ernst genommen werden. Die Deutsche Regierung soll dafür Verantwortung übernehmen und die zivile Gesellschaft animieren, ihre eigene "Habitat Agenda" zu entwickeln. Diese soll die Entwicklung von effektiven Wegen für die Umsetzung der Ziele auf allen institutionellen Ebenen beinhalten und die Verwirklichung innovativer Programme und Maßnahmen auf lokaler Ebene kontrollieren.

Wir denken, dass die folgende Themen die Agenda anführen sollten:

(1) Deutschland braucht neue Konzepte für den sozialen Wohnungsbau, der selbstbestimmtes Wohnen und die Bedingungen des städtischen Lebens sichert. (

(2) In Deutschland gibt es weder eine legale Garantie für eine Sozialwohnung, die die öffentlichen Institutionen verpflichten würde, die Zugänglichkeit zu einer Wohnung für alle zu gewährleisten noch Regelungen für Minimalstandards des Wohnens. Dies wird in den nächsten Jahren wegen der vorauszusehenden Wohnungsnot größere Bedeutung bekommen.

(3) Der Habitat Monitoring-Prozess kann die Situation der ImmigrantInnen nicht ignorieren. Es besteht die dringende Notwendigkeit einer Verbesserung der Lebens- und Wohnverhältnisse von Flüchtlingen und nicht-registrierter ImmigrantInnen.

(4) In weiten Teilen der neuen Bundesländer wurde der ökonomische Zusammenbruch von einer starken Entvölkerung begleitet. Bis jetzt wurden weder von Planung noch von Politik Bewältigungs-Strategien entwickelt, um der wachsenden Zahl leerer Wohnungen und dem Phänomen schrumpfender Städte zu entgegnen.

 (5) In ganz Deutschland gibt es einen fortschreitenden Flächenverbrauch durch neue Siedlungen begleitet von wachsenden Ungleichheiten zwischen den unterschiedlichen Lebensbedingungen neuer Nachbarschaften. Obwohl unter ExpertInnen breite Einigkeit herrscht, die öffentliche Unterstützung für Privateigentum in Frage zu stellen, steht die nötige politische Allianz, solche unpopulären Entscheidungen durchzusetzen, nicht in Sichtweite.

(6) Es gibt eine Notwendigkeit innovativer Konzepte für Arbeit, Freizeit und Mobilität und auch einer Neueinschätzung des öffentlichen Raumes in unseren Städten, um unsere Gesellschaft von der Desintegration und unser Ökosystem vor dem Zusammenbruch zu schützen.

(7) Die Globalisierung der Wirtschaft und die Intervention der "globalen Akteure" in die Immobilienmärkte fordern traditionelles politisches Vorgehen und die lokale Demokratie heraus.


Initiative Habitat in NRW

MieterInnenverein Witten

HIC Europa

(c)  Knut Unger 2001. mailto:unger@mvwit.de