Istanbul+5 Bericht 

Vorläufige deutsche Arbeitsfassung

1. Einführung


1.Einführung

Obwohl die Ergebnisse der Habitat II-Konferenz von 1996 unserer Ansicht nach wesentliche Anforderungen auch an die Wohnungs- und Siedlungspolitik in Deutschland formulieren, hatten sie keinen großen Einfluss auf den politischen Diskurs in Deutschland. Entgegen der Istanbuler Zielsetzung, einen international vereinbarten Orientierungsrahmen für alle Länder zu schaffen, wurde die Habitat-Agenda hier überwiegend als eine Agenda für den Süden angesehen. Dazu trägt sicherlich bei, dass die Wohnraumversorgung in Deutschland auf den ersten Blick tatsächlich als sehr gut erscheint, - auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Außerdem haben die ökologischen Aspekte der Siedlungsentwicklung in Deutschland seit langem einen vergleichsweise hohen Stellenwert im politischen Diskurs, weshalb der Glaube überwiegen mag, hier seien von einer internationalen Zielfindung wenig Impulse zu erwarten.   

Aber trotz eines vergleichsweise großen Reichtums, eines entwickelten Systems sozialer Sicherheit und eines verbreiteten sozialen und ökologischen Bewusstseins, sind nach wie vor über 500 000 Menschen in Deutschland obdachlos. Ein wachsende Anteil armer Menschen immer stärker mit steigenden Wohnkosten belastet und seine Wohnraumversorgung von einer Restrukturierung der Wohnungspolitik und einem Verlust bedeutender Institutionen der sozialen Wohnraumversorgung bedroht. Im Kontrast zur vorherrschenden politischen und ökologischen Diskussion, ist die Siedlungsentwicklung weiterhin von Zersiedlung und Flächenverbrauch geprägt, in einigen Regionen zugleich von dramatisch schrumpfenden Städten.

Die geringe Bedeutung der Habitat-Agenda im politischen Diskurs Deutschlands basiert teilweise auf der Tatsache, dass es die Agenda tatsächlich versäumt, einige spezifische Probleme der Stadtentwicklung und Wohnraumversorgung in Europa und Nordamerika mit der notwendigen Aufmerksamkeit zu behandeln. So fehlen zum Beispiel die Problembereiche der Privatisierung von öffentlich kontrollierten Wohnraums, der wachsenden Eigentumsorientierung der Wohnraumpolitik, der Einfluss dieser Orientierungen auf Zersiedlung und die regionale Entwicklung sowie der spezielle Problembereich der schrumpfenden Städte. Andere Passagen der Habitat-Agenda bedürfen offensichtlich einer stärkeren Bemühung um eine "Übersetzung" auf die aktuellen europäischen Verhältnisse als in anderen Kontinenten. Trotz alledem können die Hauptaussagen und Forderungen der Agenda leicht in Bezug zu den hiesigen Probleme der Stadtentwicklung und Wohnraumversorgung gebracht werden. Dieser Aufgabe stellt sich der hier vorliegende Text.

Seit der Istanbuler Konferenz im Jahre 1996 haben es die deutschen Regierungen versäumt, nationale oder lokale Folgeprozesse einzuleiten und die Zivilgesellschaft an der Mitwirkung zu beteiligen. Für das in der Habitat-Agenda vereinbarte Habitat-Monitoring ist das Ministerium für Verkehr, Bauen und Wohnen verantwortlich . Ein Nationalkomitee existiert in Ansätzen, aber in ihm sind wichtige Akteure nicht vertreten, besonders nicht die Basisorganisationen. Zwischen 1997 und 2000 traf sich das Nationalkomitee nicht ein einziges Mal. Erst Ende des Jahres 2000 gab das Ministerium einen Entwurf des "Nationalberichtes Habitat II+5" heraus, der unter anderem auf den Ergebnissen einer im November 1999 stattgefundenen nationalen Stadtplanerkonferenz basierte. Dieser Entwurf wurde ohne die Beteiligung relevanter NROs oder anderer Basisorganisationen verfasst. Im Dezember 2000 wurde der Bericht dann nur einem exklusiven Kreis von Institutionen und Berufsvertretern bekannt gegeben.

Im Januar 2001 begannen der Habitat Arbeitskreis Berlin und das Habitat Forum Berlin deshalb ein unabhängiges Habitat-Monitoring, Es basiert auf der Einschätzung und den Erfahrungen unterschiedlicher Basisorganisationen und Institutionen, die in diesem Bereich arbeiten. Im April 2001 wurde ein ähnliches NGO-Habitat-Forum in Nordrhein-Westfalen gegründet, das auch an unabhängigen Regionalberichten im Zusammenhang der Habitat-Agenda arbeitet.

Der vorliegende Bericht basiert auf den beiden genannten regionalen Bestandsaufnahmen und wurde von der Habitat-Initiative-Deutschland zusammengestellt. Sie ist eine Arbeitsgruppe innerhalb des NRO-Netzwerkes "Forum Umwelt & Entwicklung".

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